DERWISCH AHMED SEMERKANDİ

Er war ein Mürid des Verehrten Scheich Zeynüddin Hafi. In seiner Geistlichkeit spürte er gegenüber der Ahnenreihe ‚Hadschegan‘ große Liebe und Interesse. Er befand sich oft in Sohbets des Hodscha Alaeddin. Durch seine eigenen Umstände wurde er von Hodscha Alaeddin getrennt. Er litt sehr, dass er nicht im Dienste des Hodscha sein konnte. In persischen Sprache beschrieb er in einem Brief sein Leid und Schmerz.

Am Anfang hatte der Verehrte Zeynüddin Hafi eine große Vorliebe und Gunst für den Derwisch Ahmed. Er berief ihn in einer großen Moschee in Herat als Prediger. Damit die Gemeinde in der Moschee zahlreich werden sollte, blieb er 10 Tage in Herat und bemühte sich um die zahlreichen Zuhörer. Um Derwisch Ahmed herum versammelten sich jede Menge Zuhörer. Später begannen die Zuhörer sich über Derwisch Ahmed zu beschwerden. Sie waren mit ihm nicht zufrieden.

Es kam so weit, dass die Zuhörer Derwisch Ahmed beschimften und beschuldigten. Die Zuhörer blieben von seiner Predigt fern. Der Grund dafür war, dass Derwisch Ahmed die Verse des Seyyid Kaasım vorlas. Er ließ sogar diese Verse von Profisängern in den Gesellschaften vorlesen. Zeynüddin Hafi kritisierte Dewisch Ahmed und versuchte ihn davon abzuhalten. Aber er konnte es nicht schaffen. Derwisch Ahmed trug weiterhin die Gedichte von Seyyid Kaasım vor. Zeynüddin Hafi war wegen dieser Hartnäckigkeit des Derwisch Ahmed verärgert. Er versuchte alles, damit die Zuhörer sich von Derwisch Ahmed entfernen. Am Ende blieben dem Derwisch Ahmed nur 7 bis 8 Zuhörer, nicht mehr.

Der Verehrte Hodscha Ubeydullah erzählte:

- Der Streitfall zwischen dem Scheich und dem Derwisch Ahmed passierte, nachdem ich den Verehrten Mevlana Yakup Çerhi besuchte. Auf dieser Reise blieb ich drei Monate. Als ich nach Herat zurückkehrte, sah ich Derwisch Ahmed zerstreut und verstört wegen seines Scheichs, der ihm keine Komplimente mehr machte. Derwisch Ahmeds Gemeinde war auseinandergegangen. Bis dahin hatte ich keinen Kontakt zu Derwisch Ahmed. Ich war traurig wegen seines Zustandes. Eines Tages traf ich ihn auf einer Brücke als ich in die Stadt ging. Er stieg von seinem Pferd ab und kam zu mir: „Ich bin aus meinem Haus gekommen, mit der Absicht, ihr Sohbet zu erfahren. Ich wollte zu ihrer Zelle gehen und von meinem Kummer in meinem Herzen erzählen.“ Der Schlüssel meiner Zelle war bei dem Verehrten Mevlana Kaşgari. Ich sagte mir, dass ich unterwegs den Mevlana Kaşgari treffen müsste. Davon habe ich Derwisch Ahmed nichts erzählt. Er gab sein Pferd seinem Begleiter und kam mit mir mit. Etwas später trafen wir Mevlana Kaşgari und wir gingen alle drei in Richtung meiner Zelle. Als wir bei meiner Zelle ankamen, erzählte Derwisch Ahmed weinend von seinem Zustand und was mit ihm geschehen war: „In meiner Gemeinde blieben keine Zuhörer:“ Er weinte dabei und fügte hinzu: „In meinem Zustand war ich verwirrt. Ein Heiliger sagte mir, dass Sie mir helfen könnten, sonst kein Mensch. Er gab mir ihren Namen. Ich suchte Sie wegen ihre Gnade und Freundlichkeit auf. Ich bitte Sie um ihre herzliche Hilfe.“ Der Zustand des Derwischs verursachte in mir einen Schmerz. Mein Herz empfand ihm gegenüber Wärme und ich wollte ihm auf jeden Fall helfen und ihn aus dieser Lage retten: „Sei nicht traurig! Geh zu soundso kleine Moschee und fang dort an zu predigen. Eine Stimme in mir sagt, dass die Zuhörer in ihrer Gemeinde zahlreicher sein werden als vorher.“ Der Derwisch wurde glücklich und ging fort. Er ging in die genannte kleine Moschee und fing an, dort Predigten zu halten. Ein paar Tage später kamen viele Menschen, um seiner Predigt zuzuhören. Die Zuhörer wurden so zahlreich, sodass in eine größere Moschee umgezogen werden musste. Auch diese Moschee wurde so voll, dass die Menschen nicht mehr hineinpassten. Mehrere Male wurde die Moschee gewechselt, bis man schließlich in die größte Moschee umziehen musste. Diese Moschee wurde auch mit zahlreichen Zuhörern voll. Die Menschen saßen so, als wären sie siamesische Zwillinge. Die Menschen schrien „Allah soll euch segnen“. Wegen dieses Andrangs konnte man die Stimme des Derwischs nicht mehr hören. Auch diese große Moschee reichte nicht aus. Der Verehrte Zeynüddin Hafi bekam das alles mit. Er versuchte alles Mögliche, um die Menschen weg zu scheuchen, aber er hatte keinen Erfolg. Wir hatten gewonnen.

Der Verehrte Hodscha Ubeydullah erzählte weiter:

Seit meiner Kindheit entwickelten und endeten die Ereignisse so, dass man nicht gegen mich gewinnen konnte. Der Herrscher Mirza sagte Ebu Said: „Der Hodscha Ubeydullah ist sehr stark, man kann es mit ihm nicht aufnehmen. Egal auf welche Seite er sich stellt, diese gewinnt. Gegen die Armen des Hodscha Abdülhalik kann sich keiner stellen. Wer sich gegen sie stellt, verliert.

Der Verehrte Hodscha Ubeydullah schätzte die Predigten des Derwisch Ahmeds sehr. Er erzählte über dieses Thema:

- Für mein Herz waren die Predigten des Derwisch Ahmeds sehr angenehm. Er konnte sehr gut reden. Bei seiner Predigt waren viele große Persönlichkeiten wie Scheich Ebul Kaasım Cüneyd, Scheich Ebubekir Şibli, Scheich Ebu Hafas Haddat, Scheich Ebu Osman usw. Sie hörten den feinen, weichherzigen und präsizen Predigten des Derwisch Ahmed zu. Eines Tages predigte Derwisch Ahmed über die Freiheit. Einer der Zuhörer stand auf und wendete ein: „Was hat das für einen Sinn, die Worte zu sagen, die man nicht versteht?“ Derwisch Ahmed antwortete: „Wenn du die hohen Worte dieser Art der Menschen nicht verstehst, woher wollen sie wissen, dass die Anderen sie auch nicht verstehen? Deine Niedrigkeit ist kein Hindernis für die Höhe der Anderen. Ich rede für sie.“ Die äußerlichen Menschen konnten die Worte des Derwisch Ahmed nicht akzeptieren. Aber die Menschen, die auf das Innere großen Wert legten, schätzten die Worte des Derwisch Ahmed sehr. Sie sagten sogar: „Die Worte des Derwisch Ahmed sind wie eine Eingebung, willenlos. Er redet über die höheren Stufen.“

Nochmal der Verehrte Hodscha Ubeydullah:

- Eines Tages war ich in der Gesellschaft des Derwisch Ahmeds anwesend. Er sagte feine und hochgestochene Worte und wurde anschließend stolz und protzte. Er glaubte, dass die Worte seiner Veranlagung entsprangen. Mit einer Arroganz sagte er den Anwesenden: „Ich bin derjenige, der die geheimen Wahrheiten und echtes Wissen euren Ohren zukommen lässt. Aber ihr könnt es nicht zu schätzen wissen. Ihr könnt nicht einmal darfür dankbar sein“ Sein Verhalten kam mir sehr unangenehm vor. Ich sagte zu mir: „Wie hast du heraus bekommen, dass diese Wahrheiten aus dir selbst entspringen? Denkst du nicht, dass deine Eingebungen durch die geistliche Ekstase einiger Zuhöher entstanden sein könnten? Und du willst diese Möglichkeit nicht einsehen?“ Ich hatte einen Talar mit einem runden Kragen. Ich zog meinen Kopf in den Talar und mit meinen Zeigefingern hielt ich meine beiden Ohren zu. Ich sperrte meinen Atem und sagte: „Ich höre deine Worte nicht, mal sehen aus welcher Wahrheit und Begabung du erzählen wirst.“ Plötzlich war er sprachlos. Er bemühte sich zu sprechen, aber vergeblich. Er verstand, von wem das kam und sprach mich von der Kanzel aus an: „Warum machst du diesen Armen sprachlos? Was ist der Grund, dass diesen Zuhörern die Predigt verwehrt bleibt?“ Er redete nicht mehr, kam von der Kanzel herunter. Ich versteckte mich vor den Menschen und ihm.

Hodscha Ubeydullah:

- Derwisch Ahmed war in seiner Predigt sehr mutig. Er scheute vor nichts zurück. In einer Predigt sagte er: „Ein Schüler und ein Gelehrter verrichten in Eile ihr Namaz und ohne die Begrüßung des İmams abzuwarten, gehen sie aus der Moschee schnell hinaus. Sie zogen ihre beschmückten Obergewänder an und gingen wie die Hunde zur Tür des Herrschers. Ich bat um Vergebung bei Allah (Estağfirullah). Was ist, wenn Allah im Jüngsten Gericht zu mir sagt: „Die Hunde haben nicht rebelliert wie diese Menschen. Wie kannst du den Namen dieser Tiere mit diesen rebellischen Menschen vergleichen?“ Wie soll ich darauf antworten. Sie sind Hunde der Hunde des Herrschers. Diese Herrscher mögen die Grausamkeit und die Gewalttätigkeit. Sie sammeln sich um die Tyrannen, um die ungereinigten Reste zu bekommen. Dafür schleimen sie bei den grausamen Gestalten.

Hodscha Ubeydullah:

- Eines Tages sagte Derwisch Ahmed in seiner Predigt: „Seit langem möchte ich mit dem Predigen aufhören. Es gibt zwei Sorten von Menschen, die predigen: Die eine festgebunden an Scharia und an Frömmigkeit, aufrichtig bei ihren Taten. Sie ist nicht egoistisch, denkt nicht an eigenes Behagen und zieht keine persönlichen Vorteile. Sie dient den Dienern Allahs mit Barmherzigheit. Die andere beabsichtigt nicht das Einverständnis Allahs und des Jeseits. Ihr Wunsch ist, das Interesse der Menschen zu gewinnen und nicht das Interesse Allahs. Ich gehöre nicht zu der ersten Sorte, weil ich noch die Spuren des Nefs besitze. Ich gebe zu, dass die Wünsche meines Nefs nicht ausradiert sind. Ich gehöre auch nicht der anderen Sorte an, weil ich an das Jenseits denke und die Qual meiner Sünden spüre. Aus diesem Grund predigte ich nur ein paar Tage und dann entschied ich mich, nicht mehr zu predigen.“

Derwisch Ahmed schrieb eigenhändig auf: 

- In Jerusalem wandte ich mich zu Allah und eine Stimme sprach zu mir: „Bete mich an”. Ich sagte: „Oh Allah, wie kann ich dich anbeten?” Allah sagte: „Lehre deine Geheimnisse und wende dich mir zu.” Als ich später in Dervişabad in wachem Zustand war, sagte mir eine seelische Stimme: „‘Allah an sich’ ist nicht das, was du Monument nennst.” Diese Aussage machte deutlich, dass es nicht so ist wie einige Menschen behaupten. „Das gebundene Dasein ist nicht das absolute Dasein“, dh. das Dasein eines Geschöpfes ist nicht das gleiche Dasein seines Schöpfers. Es ist bekannt, dass das Dasein des Schöpfers jenseits des Daseins des Geschöpfes ist. An diesem Tag wurde nach dem Zikirkreis klar, dass das Dasein des Schöpfers ein heiliges Licht ist und auf das ganze Universum verteilt ist. Das gesamte Universum ist eine kleine Lichtzelle neben dem heiligen Licht des Schöpfers. Wissenschaftlich betrachtet entsteht eine kleine Lichtzelle durch die Sonne, also die Lichtzelle exisitiert durch die Sonne. Das gesamte Geschöpf ist sichtbar durch die Sonne und existiert auch mit der Sonne.

Wieder aus den Schriften:

- Dieser Bettler wurde mit dem Aufstieg und der Loslösung gesegnet. Der Aufstieg war bei ‘Allah an sich’ und die Loslösung geschah bei der Himmelfahrt. Der Unterschied zwischen dem Dasein Allahs und dem des Fakir ist: Während das Dasein Allahs unendlich ist, ist das Dasein dieses Fakirs begrenzt. Ich habe von dem Verehrten Hodscha Ubeydullah Ensari geträumt. Er sagte: „Zwischen dir und mir gibt es eine Vater- Sohn- Beziehung, aber nicht das eine Ich und nicht das eigene Du.“

Ahmed Derwisch beendete seine Abhandlung mit diesen Versen:

Ungewusst ist mein Ort auf der Erde, durch meine Liebe
Ungewusst ist mein Abzeichen, bin ein Phönix
Klar! Bin Ich in jeder Zelle, wie die Sonne
Ungewusst meine Erscheinung durch meine Offenkundigkeit.